Der deutsche Fernsehkoch ist nicht nur Restaurantbesitzer, sondern auch Cateringunternehmer mit eigenem Shop. Bands wie Rammstein, Die Toten Hosen oder Rosenstolz wurden während ihrer Tour schon von ihm und seinem Team versorgt. Uns stand er während der aktuellen Jan Delay-Tour für ein Interview zur Verfügung und sprach mit unserer Redakteurin Annika über sein Restaurant-Konzept in Hamburg, die Idee von intuitiver Ernährung und über seine Sicht auf den Verzicht von tierischen Produkten.
Ole, in deinem Restaurant OLSEN in Hamburg Eimsbüttel legst du viel Wert auf regionale, nachhaltige und vegetarische Gerichte. Wie wichtig ist dir ein nachhaltiger Umgang allgemein in der Küche im Hinblick auf Wegwerfkultur, Materialien und Verpackungen?
Gerade für das Restaurant funktioniert es sehr gut, auf die Verpackungen zu achten. Bei der Lieferung von Lebensmitteln sind viele Dinge kaum verpackt. Als Tournee-Caterer ist das deutlich schwieriger. Denn als Tour-Koch bin ich darauf angewiesen, in Großmärkten einzukaufen. Und da ist natürlich leider alles verpackt. Als Ausgleich legen wir aber großen Wert darauf, dass wir nichts wegwerfen. Bis auf den Paprikastrunk wird nahezu alles andere in irgendeiner Form verwendet. Das hat nichts damit zu tun, dass ich geizig bin oder so. Es geht eben darum, dass hinter allen Lebensmitteln auch Geschichten stehen. Lebensmittel haben etwas mit Leben zu tun und das sollte man respektieren und würdigen.
25 % der ganzen Fleischauslage in deutschen Supermärkten wird weggeschmissen und, wenn in der Produktion ein Würstchen aus dem Glas platzt, dann wird die ganze Charge in der Biogasanlage entsorgt – sie geht noch nicht mal an hungernde Menschen oder an die Tafel. Das ist ein Verhalten, das mir nicht gefällt.
In meinem Restaurant gibt es etwa zur Hälfte fleisch- bzw. fischlose Gerichte. Früher gab es nur sonntags das „gute Stück Fleisch“, heute gibt es beinahe zu jeder Mahlzeit Fleisch. Bei mir wird der Vegetarier nicht mit einem Beilagenteller abgespeist, sondern bekommt eine vollwertige und kreative Mahlzeit, zu der auch ein Hauptprotagonist dazu gehört, wie beispielsweise ein gefüllter und dann ausgebackener Champignon.
In deinem Restaurant OLSEN bietest du viele Speisen auf Wunsch auch vegan an: Wo fängt bei dir der rücksichtsvolle Umgang mit tierischen Produkten an und wie weit sollte man als Verbraucher überhaupt gehen? Ist Verzicht der Schlüssel zur gesellschaftlichen Veränderung?
Ich bewundere Vegetarier und Veganer für den ethisch-moralischen Gedanken, der oftmals die Grundlage dieses Verzichts ist. Ich als Koch kann mir das nur sehr schwer vorstellen, auf all diese Lebensmittel gänzlich zu verzichten. Ich achte daher darauf, nur vorbildlich gehaltenes Fleisch zu verarbeiten. Daher finde ich die Einstellung gut, auf tierische Produkte zu verzichten, wenn die Tiere dafür leiden müssen. Ich differenziere da jedoch zwischen einem bewussten Verbrauch und der Massentierhaltung, die ich nicht unterstütze möchte. Viele andere Köche hingegen belächeln diesen Trend und nehmen die Herausforderung nicht ernst, auch ohne tierische Produkte kreativ zu werden. Seit den 1950er Jahren ist Fleisch leider kein Luxusprodukt mehr, sondern Billigware. Das finde ich schlimm.
Wie beurteilst du den veganen Lebensstil allgemein? Enthält man seinem Körper dadurch zu viele Nährstoffe vor oder hat man als Veganer völlig neue Geschmacksmöglichkeiten?
Ich glaube nicht, dass man an irgendwelchen Mangelerscheinungen leidet, wenn man sich als Veganer ausgewogen ernährt. Es gab ja schon immer Naturvölker, die sich seit eh und je vegan ernährten und an keinem Vitamin B12-Mangel leideten. Der Trick war es, dass sie ihre Lebensmittel nicht so penibel gewaschen haben, wie wir es heute tun. Also befanden sich immer noch Mikroorganismen an ihren Lebensmitteln, die mitgegessen wurden und ausreichend des lebenswichtigen Vitamin B12´s lieferten. Veganer können unter Umständen, wenn sie sich sehr eintönig ernähren, unter diesem Mangel leiden.
Ich bewundere die konsequente Art der Veganer, bin aber nicht 100 % deren Meinung. Manche behaupten, der Mensch sei ein Pflanzenfresser. Ich denke, das war immer abhängig davon, was ihm die Natur zur jeweiligen Jahreszeit geboten hat. Aber dass er Fleisch zum Leben braucht, halte ich für falsch. Ich finde es angesichts der Tatsache, dass ein Siebtel der Menschheit Hunger leidet und wir für 1 kg Fleisch etwas 17 kg Getreide und zig Tonnen Wasser aufbringen müssen, verantwortungslos, bei jeder Mahlzeit Fleisch zu konsumieren. Meine Devise ist, den Fleischverbrauch sehr zu reduzieren und wieder in ein vernünftiges Gleichgewicht zu bringen.
Als Koch ist es immer sehr spannend ein Gericht zu kreieren, bei dem ich gezwungen bin, auf bestimmte Zutaten zu verzichten. Viele Leute unterstellen den Veganern ja, Fleisch zu imitieren. Dabei essen die meisten Veganer eben nicht aus geschmacklichen, sondern aus ethischen Gründen kein Fleisch und freuen sich daher sehr, wenn sie etwas essen, was ähnlich schmeckt. Dieses Kreieren von fleischlosen Produkten macht mir großen Spaß und ist immer wieder eine Herausforderung.
Im Internet finden sich tausende Koch-/ Back- und Ernährungsblogs, die den gesunden Umgang mit Essen verkörpern. Trotzdem werden tierische Produkte, besonders Fleisch, immer günstiger. Wie passt das zusammen?
Eigentlich gar nicht. Ich beobachte, dass die Schere zwischen denjenigen, die viel Wert auf gute und gesunde Ernährung legen und denjenigen, die Essen quasi nur als „notwendiges Übel“ betrachten und sich daher möglichst günstig und nicht aufwendig ernähren, immer größer wird. So gesehen passt das dann doch wieder zusammen. Allerdings denke ich, dass man, wenn man sich selbst etwas zubereitet, genau weiß, was man seinem Körper zuführt. Man wird sicherlich aus dem Bauch heraus dann das reduzieren, womit man sich nicht wohlfühlt. Gesunde Menschen ernähren sich, glaube ich, wenn sie selbst kochen, intuitiv schon ganz gesund. Wer überwiegend Industrieprodukte zu sich nimmt, weiß ja gar nicht genau, was er da isst und hat sicher weniger Kontrolle über seinen Körper.
Viele Unternehmen bieten hinsichtlich dieses Ernährungsbooms Kochboxen an. Alle Zutaten werden in notwendiger Menge mit ausgewogenem Rezept zu den Kunden nach Hause geliefert. Wie bewertest du diese „neue Art“ des Kochens im Bezug auf Transportkosten, Kühlung und die notwendige Verpackung?
Als ich davon gehört habe, dass diese Idee in Deutschland boomt, konnte ich mir das als Koch überhaupt nicht vorstellen. Denn ich habe natürlich kein Problem damit, neue Rezepte zu testen und Zutaten zu verarbeiten. Scheinbar scheint es aber genau das zu sein, was sich viele Hobbyköche wünschen. Und unter dem Aspekt der Regionalität und der Vermeidung von weggeschmissenen Lebensmitteln ist das wirklich eine gute Sache. Es gibt ja sogar Boxen, die durch CO2 neutrale Lieferung und nachhaltige Verpackung an alles denken. Und wenn durch diese Kochboxen das Bewusstsein dafür steigt, sich vernünftig und ausgewogen ernähren zu wollen, dann ist das eine wirklich tolle Idee.
Abschließend für alle Leser, die neugierig geworden sind: Was ist dein veganes Lieblingsrezept?
Für Thomas D. von den Fantastischen Vier habe ich vor einigen Jahren vegane Schnitzel gekocht. Dafür habe ich einen Riesenbovist in Scheiben geschnitten und gesalzen. Der wurde mit einem Tempurateig (Mehl, Stärke, wenig Backpulver und kaltes Wasser) bestrichen, der die klebrige Funktion von Eiern ersetzt hat. Danach wurden die veganen Schnitzel paniert und gebacken. Mit einer Sojaremoulade war das ein Volltreffer, auch bei Fleischessern.
Ein persönliches Lieblingsrezept ist eigentlich eine vietnamesische Vorspeise, die ich wirklich sehr gerne esse. Die vietnamesischen Sommerrollen bestehen aus Reispapier, das mit klein geschnittenem Gemüse, vielen asiatischen Kräutern und Glasnudeln gefüllt wird. Auch Tofu kann mit in diesen Teig eingewickelt werden. Die Rollen dippt man dann in eine Erdnusssauce.
Ein großes Dankeschön an Ole Plogstedt für dieses interessante und ehrliche Interview!